Vivien Beatrice

Vivien Beatrice

Die Geschichte eines verlorenen Huhnes, oder: Ein Hühnerliebhaber erzählt

2015-12-18-sgfstwf-063

Das Leben eines Hühnchens kann erbarmungslos sein. Besonders wenn man ohne Gefieder und als quietschendes Plastikobjekt zur Welt kommt. „Werden sie mich gut behandeln?“ und „Ich kenne dort doch niemanden…“ waren die letzten Sätze, die Vivien Beatrice Huhn mir 2010 bei unserem Abschied aus ihren traurigen Hühneraugen entgegenwarf. Ein sehr emotionaler Moment für uns beide, überschattet durch meine fehlende Bitte um ihre Zustimmung, bei der damaligen Zusammenkunft in Salzburg als Trophäe an den Gewinner des Turnieres überreicht zu werden. Eine Entscheidung, die ich aus einer Not heraus traf und deren Konsequenzen ich damals noch nicht recht zu überblicken vermochte.

Seither sind viele Jahre vergangen. Einsame Jahre. Für mich, der ich ihr fröhliches Quietschen durch die Salzburger Hallen arg vermisste. Schlimmer noch musste es aber für Beatrice gewesen sein. Die wenigen Male, die wir uns seither trafen sprach sie kein Wort mit mir. Aber ihre abgemagerten Wangen, ihre leblosen Augen und ihre gekrümmte Haltung ließen Schlimmes vermuten. Von Graz wurde sie 2011 nach Linz und 2012 wieder zurück nach Graz gereicht. 2013 und 2014 blieb sie in Linz. Dies waren auch die Jahre, in denen über Bekannte Gerüchte zu mir durchdrangen.

„Man gebe ihr nichts zu Essen“ „Auch Kleidung hätte man ihr als entfiedertem Ding zur kalten Jahreszeit keine gegeben“ „Manch Linzer denke darüber nach sie als Hundespielzeug zu verwenden“.

Womöglich deren Obmann dachte ich mir. Der ist ja begeisterter Hundebesitzer aber anscheinend kein Hühnerliebhaber. Früher waren ich und Vivien öfters in die Oper gegangen. Sie liebte das Theater und die Kaffeehäuser Salzburgs. Dabei warf sie sich in ihre schönsten Kleider, quietsche einfach so fröhlich vor sich hin oder präsentierte sich von der vornehmsten Seite.

Ihre Zeit außerhalb von Salzburg scheint ihr diese Lebensfreude genommen zu haben. Nur langsam kommt die alte Vivien wieder zum Vorschein. Wir von INDES Salzburg unterstützen sie in allen Belangen. Sie verfügt nun über neue Kleidung und ein neuer Pass wurde ihr auch ausgestellt. Sie wird regelmäßig gefüttert und im Dezember hat sie sich erstmals wieder unter Leute gewagt und im Weihnachtsoutfit mit viel Alkohol die Party gerockt. Fest steht: Die Salzburger möchten Vivien unter ihrer Obhut behalten.

Updated: 27. Dezember 2016 — 2:38