Gscheites Training mit dem Scheit-Sword, und voll Fotos posten mit dem Vollpfosten.

Gscheites Training mit dem Scheit-Sword, und voll Fotos posten mit dem Vollpfosten.

... with the approval of Mr. Cone-Head

Das Scheit am Seil

Das Scheit am Seil ist sehr einfach konstruiert. Man nehme ein Stück Holz - es muss nicht mal rund sein - und macht ein paar Kerben rein, damit die Verschnürung nicht abrutscht. Danach dürft ihr eure sorgsam gehütete Bondage-Begabung ausleben, und das Scheit verschnüren. Wir wollen einen Käfig aus Schnur, der idealerweise noch eine Schlaufe an einem Ende hat, damit wir das Ding dann später an einem langen Seil befestigen können. Freundet euch nicht zu sehr mit der Schnur an, sie wird unter dem Training leiden, und ist eher das was man ein Verschleißteil nennt. Das Seil sollte sehr viel langlebiger sein.

Mit dem verschnürten Scheit und einem ausreichend langem Seil, habt ihr auch schon alles was ihr braucht. Geht an die frische Luft, spaziert durch die Parks und andere Landschaften eures Vertrauens und haltet Ausschau nach Bäumen mit halbwegs waagrechten Ästen die relativ nahe dem Boden sind. Die Länge des Seils und eure Treffgenauigkeit beim Enterhakenwurf bestimmen, welche Äste geeignet sind. Der Ast sollte eher waagrecht sein, damit das Seil nicht zu sehr am Ast verrutscht, wenn es mal in Bewegung gekommen ist. Wenn andere Äste dies ebenso verhindern, ist das auch recht.

Habt ihr den passenden Baum gefunden, werft das Scheit wie einen Enterhaken über den Ast. Haltet das freie Ende des Seils fest. Scheite über Äste werfen ist bestimmt auch lustig, aber ihr wollt ja das Scheit am Ast aufhängen. Achtet darauf dass, ihr weit genug vom Stamm weg seid, damit ihr noch Platz habt, euch etwas zu bewegen. Es gibt Leute, die beim Fechten Wert auf Beinarbeit legen. Ist das hier ein Wandertag?

Ist das Scheit erfolgreich über den Ast geworfen, und das Seil erfolgreich über den Ast geschlungen, zieht mit dem freien Ende das Scheit so weit hoch, dass es zirka in Kopfhöhe hängt. In einem zweiten Anflug von Bondage verknoten wir das freie Ende des Seils mit dem Scheit bzw. dessen Schlaufe. Am Ende soll sich das Scheit in einer fixen Höhe befinden.

Das Scheit am Seil ist ein sehr beweglicher Gegner an dem wir praktisch alles von Distanz, Timing und Präzision üben können. Einmal in Bewegung gebracht, fordert uns das Scheit in unserem Training.

Das Scheit am Seil ist ein guter Trainer, sowohl für Haue als auch Stiche. Stichen bietet es nicht nur ein schmales Profil, sondern auch die kurze Länge des Scheits sorgt für eine recht kleine Trefferfläche. Mittige Stiche lassen das Scheit auspendeln, wohingegen außermittige Stiche das Scheit in Rotation versetzen.

Beim Hauen lässt sich mit dem Scheit HEMA Ping Pong spielen. Ein fester Hau lässt das Scheit ausschwingen, und wenn es dann wieder zurück in seine Ausgangslage kommt, kann es mit einem zweiten Hau abgestoppt werden. Wenn man nicht mag, dass das Scheit nach einem Hau ständig weg schwingt, kann man ja Scheitelhaue machen (pun intended, aber sowas von!).

Mit zwei Scheiten am Seil in kurzer Distanz lassen sich sogar Folgetechniken vernünftig üben [Video]. Wir setzen einen Hau, der das erste, aber nicht das zweite Scheit treffen soll. Wenn nun das erste Scheit ausschwingt, schlagen wir um und hauen das zweite Scheit. Im Abzug können wir uns auch drauf konzentrieren, nicht von einem rückschwingenden Scheit getroffen zu werden, sonst wäre das quasi HEMA force-feedback.

Das Scheit am Seil, so wie auch die folgenden Trainings-Geräte, sind nicht nur fürs lange Schwert geeignet sondern für praktisch alle Waffengattungen. Besonders das Scheit lässt sich spaßig erdolchen.

Hoffentlich können wir bald wieder richtig trainieren. Klopf auf Holz, besser noch: schlag auf Holz.

Zwei Scheite zum Üben einer Folge-Technik.

Der Vollpfosten

Der Vollpfosten ist relativ einfach gebaut. Mit ein wenig Ballast auf den Füßen steht er auch einen gut geschlagenen Hau. Für diesen Zweck sind Sandsäcke oder etwas Ähnliches geeignet.

Der Vollpfosten ist farblich markiert: die beiden umlaufenden Markierungen repräsentieren die Höhe der Mitte des Oberschenkels und des Oberarms. Für HEMA-Turniere ist es weniger wichtig wo ein Treffer landet. Schaukämpfer andererseits trainieren Treffgenauigkeit, um den Gegner im Fall des Falles an den fleischigen Stellen zu treffen wo das Verletzungsrisiko geringer ist. Ich kenn das aber auch aus meiner HEMA-Anfangszeit: so ein Shinai auf den Ellbogen ist nicht sehr angenehm.

Der Vollpfosten ist auch ein guter Stiche-Trainer, da er uns relativ wenig Profil zeigt. Es ist nichts ärgerlicher, als in einem Konter einen Stich knapp neben des Gegner zu setzen. Die wirklich Aufmerksamen können sich hier vielleicht noch mit einem folgenden Schnitt aus der Affäre ziehen und erklären, dass dies genau das war, was sie vorhatten. Ich komme in so einem Fall immer erst nachher drauf, wenn der Ärger sich gelegt hat.

Ein Vollpfosten wie er im Schuppen steht.

Mr. Cone-Head

Mit einem Baustellen-Hütchen wird aus dem Vollpfosten der Mr. Cone-Head, quasi Dr. Jekyll und Mr. Hyde für die HEMA-Menschen. Das Baustellen-Hütchen hat auch ganz praktische Markierungen.
Die Kegelform sorgt dafür, dass Stiche die gerade noch treffen eher abgleiten als verfangen. Daher ist der Mr. Cone-Head ein sehr kritischer Stich-Trainer der es mit den Treffern sehr genau nimmt. Der kleine Durchmesser der Spitze des Baustellen-Hütchens macht auch Scheitelhaue sehr herausfordernd.

Der Sockel des Baustellen-Hütchens ist sehr praktisch zum Üben des Oberhaus. Während beim Vollpfosten ein Oberhau einschlägt und abgleitet, fängt die Basis des Baustellen-Hütchens die Klinge auf, und wir haben eine realistischer Ausgangsposition für eine Folgetechnik bzw. einen Folgehau.

Mr Cone-Head.

Während das Scheit am Seil praktisch überall mitgenommen werden kann, eignen sich der Vollpfosten und Mr. Cone Head eher für Leute mit einem Garten bzw. Leute die sowieso mit dem Auto irgendwo hin müssen zum Trainieren. Falls ihr im Park damit trainiert, macht euch gefasst, interessierten Passanten zu erklären was ihr hier macht. Menschen mit Schwertern im Park sind offensichtlich der volle Hingucker. Ihr könnt ja Werbematerial mitnehmen oder Indes-Shirts anziehen.

Auf jeden Fall sind unsere hölzernen Trainings-Partner eine Bereicherung für das outdoor Solo-Training. Bleibt gesund, und habt Spaß.

- Gerhard und Nicki

Quellen - seien wir ehrlich, heute erfindet kaum wer was selber

Wie es wahrscheinlich die ganze Menschheitsgeschichte lang der Fall war, lernen die Jungen hauptsächlich von den old hands, wenn die Jungen tatsächlich mal auf die Altvorderen hören.
Die oben beschriebenen hölzernen Trainingspartner habe ich bei Christopher Bond, dem Cheftrainer von The Foundation Of Historical Swordsmanship, kennen gelernt. Zwei von meinen Linzer Kollegen sind dort Mitglieder, und ich habe eine Zeit lang mit ihnen mit trainieren dürfen.

Updated: 15. November 2020 — 17:53